Visit Boltenhagen

Foto: Burckhard Specht

C Franziska Herrmann

C Burckhard Specht

Foto: Burckhard Specht
Überschrift 6
Boltenhagen - Das Corona Virus bremst den Tourismus
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Der letzte Tag in Freiheit, im freiheitlichen Entscheid bezüglich unserer Bewegungsfreiheit im touristischen Mecklenburg-Vorpommern.
Heute, so hat es die Landesregierung von MV beschlossen, müssen Touristen das Bundesland verlassen, vorerst bis zum 19. April 2020. Reisen touristischer Art sind untersagt, lediglich systemrelevante Unternehmen und Handwerksbetriebe dürfen geöffnet bleiben.
Eine harte Regelung. Wenn sie hilft, werden wir später alle froh sein, den neuen Corona Virus an der schnellen Ausbreitung gehindert zu haben.
Wir waren eben noch am Strand, Abschied nehmen. Auf unbestimmte Zeit. Menschenleer – soweit das Auge reicht konnten wir nur noch zwei andere Personen ausmachen. Im Januar kein ungewohntes Bild, aber jetzt vor der nahenden Ostersaison doch bedrückend. Entlang auf der Strandpromenade, dann auf die Mittelpromenade gewechselt. Die kleine Pension im Backsteinhaus ist geschlossen, die Cafés, die sonst Frühstück anbieten, ebenfalls unbeleuchtet. Im Hotel John Brinckmann, wo zu dieser Zeit Frühstücksgäste auf die Promenade schauen, sich angeregt unterhalten, lachen und gestikulieren, spiegeln sich die Bäume in den dunklen Fenstern. Das Hotel ist ebenfalls geschlossen.
Der Jogger überholt uns weiträumig und wir treffen ihn in der Konditorei Freytag wieder, wo er und wir uns mit Brötchen für das Frühstück eindecken. Keiner der Tische ist belegt, die Verkäuferin allein und kann das Geschäft locker meistern. Es ist ruhig, auch hier.
Eine gespenstische Ruhe widerfährt uns, mir steigen die Tränen in die Augen, als ich wieder vor die Tür trete. Diese Trostlosigkeit. Wenn doch wenigstens die Blätter an den Bäumen und Büschen mit Leben erfüllt wären. Auch sie ducken sich und scheinen sich vor dem Virus zu verstecken. Mir gehen die Italiener durch den Kopf. Was singen sie abends in den Hinterhöfen? Andra tutto bene…. alles wird gut. Die Lebenslustigkeit des mediterranen Volkes scheint einiges hinwegzufegen. Zumindest oberflächlich.
Auf dem Weg zu unserer Ferienwohnung noch ein Stopp in der kleinen Kirche auf der Paulshöhe. Die haben wir seit dem ersten Tag in Boltenhagen ins Herz geschlossen und besuchen sie jedes Jahr. Wir gehen hinein, setzen uns und genießen den Ort der Zuflucht für eine Weile, für eine Zeit der Andächtigkeit. Jede und jeder geht mit dieser Situation anders um. Das ist auch gut so. Es gibt viele Vorkehrmaßnahmen, die beachtet werden sollen und müssen, aber mental muss es jeder für sich verarbeiten, damit umgehen, klarkommen. Dann werden wir es schaffen, den unsichtbaren Feind gemeinsam zu besiegen und hinterher am gemeinsamen Neustart des Landes, der Nation, der Welt teilhaben.
Die Welt wird nach Sars-CoV-2 zumindest in Teilen sicherlich neu gestaltet werden. Wir werden uns andere Betrachtungsweisen zu eigen machen, manches Handeln hinterfragen. Mehr soziales Engagement oder mehr Egoismus? Wir wissen es nicht. Jedoch hat mich in diesem Zusammenhang ein Zitat aus einem Interview des ARD Korrespondenten Jörg Seisselberg, welches er mit Franco Ferrarotti – dem Vater der italienischen Soziologie - geführt hat, sehr berührt:
„Ich glaube, wenn die Krise vorbei ist, werden wir eine enorme Wiederkehr von Lebensfreude und Lust am Wiederaufbau erleben. Ähnlich wie am Ende des Krieges wird es in ganz Europa eine unglaubliche Explosion an Lebensfreude geben.“ (Quelle: tagesschau.de, 19.03.2020)
Da ist es wieder …. andra tutto bene…. alles wird gut….. aus italienischen Kehlen, den Europäern, die am stärksten betroffen sind. Daraus können wir lernen, wenngleich uns Nordlichtern die Ausgelassenheit nicht gerade in die Wiege gelegt worden ist.
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